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Claudia Behn

Rezension zu "Il trittico - Das Tryptichon" am Deutschen Nationaltheater Weimar - 18. Mai 2024

DNT Weimar

„Il trittico – Das Triptychon“

Weimar – 18. Mai 2024

Am Deutschen Nationaltheater Weimar hatte am 18. Mai „Il trittico – Das Tryptichon“, bestehend aus drei Einaktern von Giacomo Puccini Premiere. Vor nahezu ausverkauftem Saal und bei fast vier Stunden Aufführungsdauer vollzogen sich drei szenisch unterschiedliche Werke, die zusammenhanglos blieben. Der Abend begann mit dem Einakter „Il tabarro“ (zu Deutsch: Der Mantel), den Ralf Käselau (Bühne) in einen Glaskasten versetzte, aus dem die Darstellerinnen und Darsteller schon vor Vorstellungsbeginn, wie in einem Zookäfig, ins Publikum, wie in die Freiheit, blickten. Man kann diesen Glaskasten mit viel Fantasie als Container deuten, in dem Arbeiter einer Möbelfirma arbeiten. Dazu erschien ein Gemälde von Paris mit Booten und glitzerndem Wasser. Dennoch wirkt dieses Bühnenbild sehr steril, wie ein Provisorium auf der Probebühne. Inhaltlich vollzieht sich eine Eifersuchtstragödie mit unheilvollem Ende. Giorgetta, die Ehefrau, betrügt ihren Ehemann Michele, mit Luigi. Als Michele dies entdeckt, bringt er seinen Nebenbuhler um und versteckt ihn unter seinem Mantel. Giorgetta als anscheinend stets untreue Ehefrau lässt sich von allen Arbeitern zu leierkastenartiger Musik befummeln, scheint also keine große Liebe zu Michele, noch zu Luigi zu empfinden. Eindrucksvoll sang und spielte Camila Ribero-Souza die Giorgetta, in blauem Kleid mit rosa Jacke (Kostüme: Julia Rösler), warm und mit dramatischen Ausbrüchen gesungen. Etwas leiser und weniger ausdruckstark war Alik Abdukayumov als Ehemann Michele. Begeisternd Gabriele Mangione als Geliebter Luigi, gekennzeichnet durch ein rotes Halstuch, mit schmelzendem Tenor und leidenschaftlichem Belcanto. Taejun Sun als Voce di tenorino / Un venditore di canzonette, mit Hosenträgern und Mütze, gelingt eine lyrisch-klangvolle Interpretation. Hervorragend auch Anna-Maria Dur als La Frugola dramatisch-durchdringend und mit großem Beutel raffsüchtig ihre Schätze vorzeigend. Ausgewogen Jörn Eichler als Tinca, Edgars Osleja als Talpa, Pia Jauernig und Gabriel Pereira als Due amanti.

Der zweite Einakter war „Suor Angelica“ mit einer eindrucksvollen Heike Porstein in der Titelpartie. Suor Angelica hat ein uneheliches Kind und wurde ins Kloster verbannt. Eines Tages kommt Angelicas Tante, damit Angelica ihren Besitz an ihrer jüngere Schwester abtritt, die bald heiraten will. Dabei erfährt sie, dass ihr Sohn gestorben ist und vergiftet sich in ihrer Trauer und Ausweglosigkeit. Alle Darstellerinnen wurden hierfür gleich gekleidet, in pinke Habits mit großem Kragen und opulenten Hauben. Auffallend nur der Wasserbehälter, der am Bühnenrand steht, wohl damit sich die Sängerinnen und Sänger erfrischen können. Ein anderer Zweck ist nicht feststellbar. Herausragend, wie schon erwähnt, Heike Porstein als Suor Angelica, mit bewegtem-aufgewühltem Spiel, innigem und mit großer Leichtigkeit vollführtem Gesang. Eine höchst bewegende Leistung! Als Suor Angelica erfährt, dass ihr Sohn gestorben ist, reißt sie sich Haube und Kragen ab, schlussendlich liegen alle Darstellerinnen als unzählige Suor Angelicas tot am Boden. Ebenfalls bravourös Anna-Maria Dur als La Principessa mit wiedererkennbarer, durchdringender Stimme, dunklem Timbre und starker Bühnenpräsenz. Ylva Stenberg als Suor Genovieffa überzeigte mit glockenklarem, leichtem Gesang. Ausgewogen in kleinen Partien Sayaka Shigeshima als La Badessa, Sarah Mehnert als La Suora Zelatrice, Tatjana Winn als La Maestra delle novizie, Silvia Schneider als Suor Osmina, Franziska Löber als Suor Dolcina, Anne Weinkauf als La Suora Infermiera, Katrin Niemann und Annegret Schodlock als La cercatrici, Pia Jauernig als La novicia, Karine Minasyan und Janis Gutiérres als Le converse.

Der dritte und letzte Einakter des Abends war „Gianni Schicchi“, heiter angelegt, in dem krankheitsbedingt eine Änderung erfolgte. Uwe Schenker-Primus in der Titelpartie war kurzfristig unpässlich, wofür Heiko Trinsinger (Gesang) vom Aalto-Theater Essen und der Regisseur Dirk Schmeding (Schauspiel) einsprangen. Keine perfekte Lösung, aber in der Kürze der Zeit nicht anderes machbar. Heiko Trinsinger erhielt für seine souveräne gesangliche Leistung einen Sonderapplaus. Inhaltlich geht es um ein von Gianni Schicchi gefälschtes Testament, dass Lauretta und Rinuccio zu Erben werden lässt. Die Bühne prägen einige Büromöbel und eine Stadtansicht von Florenz, dazu ein „Applaus“-Schild. Ungewöhnlich auch, dass Gianni Schicchi plötzlich in einer Versenkung verschwindet. Gezeigt wurden nicht die Sozialstudien der Handlung, sondern ein lustiges Theater im Theater. Wie schon für die anderen beiden Einakter erwähnt waren auch hier herausragend Ylva Stenberg als Lauretta, der auch die bekannte Arie „O mio babbino caro“ eindrucksvoll gelang, Anna-Maria Dur als Zita, Taejun Sun als Rinuccio, dazu kamen Lukasz Konieczny als Betto di Signa und von der „Schola cantorum“ David Schörnig als Gherardino. Ausgewogen  Jörn Eichler als Gherardo, Natalie Image als Nella, Edgars Osleja als Simone, Yuriy Hadzetskyy als Marco, Sarah Mehnert als La Ciesca, Nathaniel Kondrat als Maestro Spinelloccio, Oliver Luhn als Ser Amantio di Nicolao, Vahé Hakverdian als Pinellino und Frank Uhlemann als Guccio. Hervorragend auch der stimmgewaltige und spielfreudige Opernchor des DNT Weimar (Choreinstudierung: Jens Petereit), aus dem auch einige kleine Solopartien besetzt wurden. Es spielte die Staatskapelle Weimar unter Dominik Beykirch beschwingt, manchmal etwas zu laut, aber insgesamt eindrucksvoll. Die Regie von Dirk Schmeding war vor allem bei „Suor Angelica“, die durch wenige szenische Mittel auf die Bühne gebracht wurde und die Ausdrucksstärke von Heike Porstein, ein gelungener Erfolg.

Drei Einakter an einem Abend zu hören ist auf den ersten Blick etwas ungewöhnlich, auch weil sie inhaltlich überhaupt nicht zusammenhängen. Dennoch wurde es durch Puccinis Musik und hervorragende Besetzungen der Gesangspartien zu einem eindrücklichen Abend.

Dr. Claudia Behn

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