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Teils unbekannte romantische Kunstlieder von Komponistinnen präsentieren Yvonne Prentki (Sopran) und Benedikt ter Braak (Klavier) auf ihrer CD „Ich sehe still vorüberziehen“ (ARS Produktion, 2024)

Claudia Behn

Romantische Liedkompositionen von Komponistinnen sind heutzutage immer noch wenig bekannt und werden selten gespielt, doch Yvonne Prentki (Sopran) und Benedikt ter Braak (Klavier) haben sich gerade diesen Werken angenommen. Auf ihrer 2024 bei ARS Produktion erschienenen CD „Ich sehe still vorüberziehen“ widmen sie sich Liedern von Josephine Lang (1815-1880), Nadia Boulanger (1887-1979) und Ethel Smyth (1858-1944). Der Einstieg in die Materie erfolgt allerdings durch einen männlichen Komponisten, nämlich mit den „Mädchenblumen“, op. 22, die der Dreiundzwanzigjährige Richard Strauss auf Gedichte von Felix Dahn komponiert hatte. Dies wollen die Interpreten als höhnische Antithese zu den Liedkompositionen der Komponistinnen und als platte Darstellung von Weiblichkeit verstanden wissen. Yvonne Prentki interpretiert die Lieder zart und singt, beinahe feenhaft, entwickelt nur leider in schnellen hohen Passagen einen etwas schrillen Stimmklang. Die Klavierbegleitung von Benedikt ter Braak sorgt für dezente Untermalung.

Es folgen neun Lieder von Josephine Lang (1815-1880), in denen sie die Gefühlswelt der biedermeierlichen Frau porträtiert. Dabei handelt es sich um die Erarbeitung der bisher noch unveröffentlichten Lieder, die eine beschwingt-tänzerische, gefühlvoll-bewegte Musikschöpfung offenbaren. Besonders eindrucksvoll gelingt ihnen das schwermütig-ausdrucksstarke Lied „Ob sie meiner wohl gedenkt“.

Daran schließen sich zwei Lieder der französischen Komponistin Nadia Boulanger (1887-1979) an, die nicht nur Komponistin, sondern vor allem auch Pädagogin, Dirigentin, Musikjournalistin und Musiktheoretikerin war. Allerdings beendete sie ihre schöpferische Tätigkeit sehr zeitig, nämlich nach dem Tod ihrer jüngeren Schwester Lili Boulanger, für deren Werke sie sich fortwährend einsetzte. Die Lieder erklingen in französischer Sprache, sind tiefer angelegt als die Werke von Josephine Lang,  langsam, nachdenklich und emotional bewegt, aber auch durchaus aufbrausend und dynamisch.

Es folgt der 1913 veröffentlichte Liederzyklus „Three Moods of the Sea“ der englischen Komponistin Ethel Smyth (1858-1944), die sich zeitlebens stark für die Frauenrechte einsetzte. So war sie auch die erste Frau, deren Opernkomposition an der New Yorker Metropolitan Opera uraufgeführt wurde. Die drei Lieder sind voller Schwermut, dramatisch ausdrucksstark und geheimnisvoll und voller dynamischer Steigerungen.

Die Interpreten – Yvonne Prentki und Benedikt ter Braak – lernten sich beim Studium an der Folkwang Universität der Künste in Essen kennen und arbeiten seitdem zusammen. Seit 2020 widmen sie sich der Erschließung von Werken von Komponistinnen der Romantik und betreiben dafür eine intensive Recherchearbeit. Dafür erhielten sie u.a. im 1. Internationalen Josephine-Lang-Wettbewerb den Sonderpreis der Stadt Tübingen. Ein umfangreiches Booklet mit interessanten Informationen über die Komponistinnen und ihre Werke sowie das romantische Kunstlied an sich, liefert der Pianist Benedikt ter Braak.

Pluspunkt der Aufnahme ist eine ziemliche Wortdeutlichkeit des Gesangs, was gerade bei einer hohen Frauenstimme besonders hervorzuheben ist. Allerdings liegen Yvonne Prentkis zartem, schwebendem Sopran, vor allem langsame Stücke, wie beispielsweise Josephine Langs „Am Grabe“ oder „Ob sie meiner wohl gedenkt“, in schnellen Liedern oder Passagen wird ihre Stimme schnell schrill und dünn. Eine andere Anordnung der Lieder, mit Wechseln zwischen langsamen, getragenen Stücken und schnellen, beschwingten Liedern würde der CD mehr Spannung verleihen.

Eine durchaus inspirierende 54-minütige CD, die Einblicke in bisher wenig veröffentlichte und bekannte Liedkompositionen von romantischen Komponistinnen gibt, die aber in schnellen Liedern gesangliche Einschränkungen offenbart.

Dr. Claudia Behn


CD-Rezension: „Ich sehe still vorüberziehen. Lieder von Richard Strauss, Josephine Lang, Nadia Boulanger und Ethel Smyth, dargeboten von Yvonne Prentki (Sopran) und Benedikt ter Braak (Klavier), ARS Produktion 2024.


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