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Claudia Behn

Stimmige ukrainische Musik zur Weihnachtszeit bringt das Album „Winter Whispers“ von Violina Petrychenko


Wer zur Weihnachtszeit nicht immer wieder dieselben Weihnachtslieder und bekannten klassischen Weihnachtswerke hören möchte, sondern das gängige Repertoire um neue Klänge und Komponisten bereichernd will, der ist im Album von Pianistin Violina Petrychenko namens „Winter Whispers. Ukrainian Piano Tales“ (erschienen bei ARS Produktion) genau richtig. Gespielt werden neben traditionellen ukrainischen Weihnachtsliedern (Kolyadki) fast ausschließlich Werke von ukrainischen Komponisten, so von Mykola Silvansky (1916-1985), Vasyl Barvinsky (1888-1963), dem Tschechen Vitezslav Novák (1870-1949), Valentyn Silvestrov (geb. 1937), Mykola Dremlyuga (1917-1998) und Serge Yushkevich (geb. 1953). Der in Europa bekannteste ukrainische Komponist ist Valentyn Silvestrov, dessen „Five Melodies for the New Year“, die Weihnachtszeit ausleiten und ins Neue Jahr hineinführen. Geprägt sind diese in hervorragender Aufnahmequalität präsentierten Werke, zumeist in Form von Miniaturen, durch viele folkloristische, ukrainische Elemente, die die zauberhafte Atmosphäre der Weihnachtsfeiertage bereichern. Darunter sind sehr viele Weltersteinspielungen, die Lust auf Neues machen.

Nun in kurzen Worten einige Anmerkungen zu den einzelnen Werken. Mykola Silvanskys „Night by the River“ präsentiert sich festlich, mit melancholischer Melodiefolge und einer in sehr hohen Tönen angelegten Begleitung. Vasyl Barvinskys „Song in g minor“ erklingt nachdenklich und besinnlich, passend zur Weihnachtszeit, und wird von Violina Petrychenko sehr emotional und schwermütig interpretiert. Die ukrainischen Weihnachtslieder, genannt Kolyadki, verlaufen choralartig und besinnlich. Vitezlav Nováks „Songs of a Winter’s Night“, op. 30, beschreiben in Thema und Variationen die winterliche Natur von der klirrenden Kälte bis zu eisigen Sturmböen. Valentin Silvestrovs „Five Melodies for the New Year“, nach meinem Empfinden besonders eindrucksvoll, vollführen in einem langsam-besinnlichen Start, einem förmlichen Innehalten, den Abschied vom alten Jahr und in zarten Anklängen den Neubeginn. Leicht eingängige, ruhig dahinfließende Melodien prägen Silvestrovs Werk. Dazu kommt Silvestrovs „Fairy Tale“ aus seinem Zyklus „Naive Music“, der träumerisch verschiedene Stimmungen untermalt. Mykola Dremlyuga präsentiert seine „Preludes“ aus dem Zyklus „Winter“ in wechselnden Stimmungen, sich wandelnd von schnell-intensiv zu langsam und gemütlich. Seine „Vesnyanka“ aus der „Spring Suite“ lässt die Natur aus der Winterstarre erwachen und jubilierend aufstreben. Das gelungene Album endet mit Serge Yushkevichs „Carol of the Bells“ mit dem stimmungsvollen Klang von Weihnachtsglöckchen. Das Album fließt mit einer Gesamtdauer von 76:51 Minuten feierlich dahin, kann auch gut während der Weihnachtsfeiertage im Kreise der Familie aufgelegt werden.

Die Pianistin Violina Petrychenko wurde im ukrainischen Saporischschja in eine Musikerfamilie geboren. Im Alter von sechs Jahren erhielt sie Klavierunterricht und absolvierte das Musikgymnasium in Klavier und Musikwissenschaft. Ihr Studium im Fach Klavier absolvierte sie an einigen Hochschulen, so an der Nationalen Tschaikowsky-Musikakademie der Ukraine in Kiew, der Hochschule für Musik „Franz Liszt“ in Weimar, der Hochschule für Musik und Tanz in Köln und der Folkwang Universität der Künste in Essen. Ihr besonderer Schwerpunkt ist die Förderung der ukrainischen Kultur, was sie auch in einigen Alben umgesetzt hat, so mit der Ersteinspielung „The Silenced Voice of Vasyl Barvinsky“ (2017), mit „Slavic Nobility“ (2014) mit Werken von Alexander Skrjabin und Viktor Kosenko (Ersteinspielung) und mit „Ukrainian Moods“ (2015) mit Werken von Viktor Kosenko, Mykola Kolessa, Jurii Schamo und Igor Schamo sowie dem Album „Träume – Ukrainische Hoffnung“ (2023) mit Werken von Lysenko, Stepovyi und Revutskyi, das für den Opus Klassik nominiert wurde. Sie ist Künstlerische Leiterin und Mitorganisatorin der „Tage der ukrainischen Musik“ in Münster und gründete 2023 das Festival „Sounds of Ukraine“.

Wer noch mehr über die umtriebige Künstlerin und das Werk, der zu hörenden ukrainischen Komponisten erfahren möchte, dem sei das zugehörige Booklet mit Texten von Violina Petrychenko und Dzvenyslava Safian in Deutsch, Englisch und Ukrainisch ans Herz gelegt. Alles in allem eine sehr spannende Aufnahme, die neben winterlichem Zauber, weihnachtlichem Flair und Neujahrsklängen, auch interessante Neuentdeckungen von ukrainischen Komponisten und ihrer Werke mit sich bringt. Wer also noch ein Weihnachtsgeschenk für einen Musikinteressierten sucht, dem sei diese Aufnahme wärmstens empfohlen.

Dr. Claudia Behn


Das Album ist für 20 Euro erhältlich bei: https://violina-petrychenko.de/de/discs/8

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